Zwischen Durchsetzungskraft und Verbissenheit: Ziele verfolgen

kalender-2018Zu jedem Jahresbeginn werden weltweit gute Vorsätze gefasst und Ziele gesteckt, die unterschiedlicher nicht sein könnten, sich aber vielfach auch ähneln. 10 Kilo abnehmen, mehr Sport treiben, eine Firma zum Erfolg führen oder mehr Zeit mit der Familie verbringen, sind nur ein paar davon. Ich beobachte, dass die Art und Weise, wie Menschen ihre Ziele verfolgen, bis hin zur Verbissenheit reicht. Die Grenze ist fließend und ich denke, man muss wirklich genau hinschauen, um den Unterschied zu erkennen: Wo hört der Durchsetzungswille auf, und wann wird das Verfolgen eines gesteckten Ziels zur Verbissenheit?

Verbissenheit führt zum Erfolg – aber oft nur kurzfristig

Ich habe erlebt, dass Menschen unbeirrt am selbstgesteckten Ziel festhielten, dass sie sich geradezu blind darin verbissen haben, sie zu erreichen, ohne nach links und rechts und ohne nach möglichen Fallstricken zu schauen. Sie haben es zwar auch oft geschafft, aber nur für kurze Zeit, und dann war der Scherbenhaufen riesig. Ein Beispiel: Als ich noch als Bauernmagd arbeitete, hatte sich ein Kollege in den Kopf gesetzt, mich zu heiraten. Er sollte den elterlichen Hof übernehmen, brauchte dafür eine Frau, die viel arbeiten konnte, und verfolgte dieses Ziel mit einer beispiellosen Verbissenheit. Nächtelang, so erzählte er mir, habe er am Tisch gesessen, sei besessen gewesen vom Gedanken an mich – „Ich will sie!“ Obwohl er mir eigentlich immer unsympathisch gewesen war, erreichte er sein Ziel: In einem Moment, als ich in Not war, weil ich meine Arbeitsstelle verloren hatte, gab ich seinem Werben nach und verlobte mich mit ihm. Ein halbes Jahr später erkannte ich, dass eine Ehe niemals gutgehen konnte. Allein der Gedanke, ihn zu heiraten und mit ihm zu leben, erzeugte bei mir Albträume. So löste ich die Verlobung. Seine Enttäuschung und der Prestigeverlust in seinem privaten wie sozialen Umfeld waren gewaltig.

Ein Glück, wenn’s mal nicht klappt mit der Zielerreichung

Es ist noch nicht lange her, dass einer meiner Bekannten sich in den Kopf gesetzt hatte, ein Unternehmen zu übernehmen. Die Situation war nicht einfach, es gab viele Für und Wider, aber er schob jeden vernünftigen Einwand beiseite, damit das Geschäft zustande kommen würde. Es sah für kurze Zeit so aus, als könnte er sein Ziel erreichen, aber letztlich zerschlug sich die Übernahme doch. Mit seiner Sturheit hatte er den Bogen überspannt und ich denke, er hat nochmal Glück gehabt, denn hätte er das Unternehmen übernommen, wäre es langfristig nicht gutgegangen.

Die Grenzen sind fließend

Wenn ich mir vorstelle, dass ich es heute schaffen würde, zehn Kilo abzunehmen, wäre das für mich sicherlich nicht gut, denn ich wäre abgemagert, wie eine dürre Geis. Oder wenn ich das Ziel hätte, einen Ferrari zu besitzen, wäre es ebenfalls ein Segen, dieses Ziel nicht zu erreichen, denn ich wäre nicht in der Lage, ihn ohne Gefahr für meine Umwelt und für mich zu fahren.

Wo sollte man von Zielen, die man sich gesteckt hat, ablassen, und wo fängt Verbissenheit an? Es ist nicht einfach, das zu unterscheiden und ich weiß oft nicht, wann man dranbleiben und wann man nachgeben soll. Ich sage mir dann: Das Richtige wird geschehen – auch wenn ich in diesem Moment nicht weiß, was das Richtige ist. Das gibt mir auch eine gewisse Gelassenheit – und die Erkenntnis, dass nicht jedes Ziel, das wir uns gesteckt haben, bei genauerer Überprüfung auch sinnvoll ist.

Wie geht ihr mit euren Zielen für das neue Jahr um?

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