Wofür war’s gut?

Negative Ereignisse und ihre positiven Folgen

 

gyr-gut-wofuerWenn etwas Negatives passiert, ist es leicht, die böse Welt, wen oder was auch immer verantwortlich zu machen. Aber das hilft niemandem, es sei denn, man fühlt sich wohl in der Rolle des «armen Opfers». Deshalb frage ich mich lieber: „Was will mir das Ereignis sagen? Welche Schlüsse kann ich daraus ziehen?

Es ist Jahrzehnte her, da kam ich einmal morgens in meine Firma und stellte fest: Die Geldkassette war ausgeräumt. 45.000 Schweizer Franken, die Monatslöhne meiner Mitarbeiter, waren weg. Auch hier dachte ich nach: Warum war mir das passiert? Nach 20 Minuten war es mir klar, wo der Zusammenhang zu meinem Leben war. Unmittelbar zuvor waren zwei Dinge geschehen: Ein mir nahe stehender Mensch, den ich finanziell unterstützte, hatte mich sehr erzürnt, weshalb ich die Zahlungen an ihn reduzieren wollte. Und ich hatte beim Juwelier ein Armband, das mir gefiel, nicht gekauft. Ich war in vielfacher Weise geizig gewesen – gegen mich, den mir nahestehenden Menschen und den Juwelier. Denn ich hätte mit meinem Geld mir eine Freude machen, dem Freund seine Würde und dem Juwelier Arbeit und verdienten Lohn geben können. Ich hatte meine Lektion gelernt – für 45.000 Franken.

Die Wendung

Das „Lehrgeld“, das ich gezahlt hatte, bekam ich – wohl auch, weil ich meine Lektion gelernt hatte – auf wundersame Weise zurück. Sogar noch mehr, als ich bezahlt hatte: Ich wusste eigentlich ja schon, dass es nicht mehr zeitgemäß war, Löhne bar auszuzahlen. So liess Kundenberater von Banken kommen und mir erklären, was ich für eine Abwicklung über die Bank benötigte. Ein Berater erkundigte sich auch allgemein nach den Abläufen in unserem Zahlungsverkehr. Er bot mir an, die dann notwendigen neuen Rechnungsgarnituren für die Firma zu finanzieren. Ich nahm das Angebot an – und konnte eine erstaunliche Bilanz ziehen: 45.000 Franken waren weg. 5000 Franken zahlte die Versicherung. Meine Steuern waren durch den Verlust um 20.000 Franken niedriger. Die Bank übernahm 17.900 Franken für die Umstellungskosten. So blieben mir nur 2.100.- Franken, die ich zahlen musste. Ein Betrag, für den mich kein Unternehmensberater der Welt zur Umstellung hätte bewegen können. Auf längere Sicht war der Gewinn noch größer: Im Jahr vor der Umstellung hatte ich in der Buchhaltung 85’000. Franken Lohnkosten, danach noch 25.000. Die Erkenntnis: Der Diebstahl hat sich für mich gelohnt.

Gewonnen!

Nach drei Jahren wurde der Einbrecher gefasst. Es war der 13jährige Sohn des Putzmannes. Die Jugendanwaltschaft fragte mich nach meinen Schadensansprüchen. Ich sagte, dass ich keine hatte, sondern nur gewonnen hätte. Wir vereinbarten, dass der Junge 10 % seines Lehrlingslohnes abgeben musste, und dass alle Ansprüche erlöschen würden, wenn er bis zu seinem 24. Geburtstag nicht mehr straffällig würde. Er wurde nicht mehr straffällig.

Habt ihr auch schon erlebt, dass sich Ereignisse, die zunächst negativ scheinen, sich im Nachhinein als Glücksfall erweisen? – Erzählt mir davon, ich freue mich auf eure Berichte.

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2 Kommentare zu “Wofür war’s gut?

  1. Liebe Verena,

    ich bewundere dich und staune über deine Sichtweisen. Obwohl ich mir zu meinem Lebensmotto gemacht habe: alles ist möglich, dem der da glaubt, und mit positiven Einstellungen durchs Leben stolpere, für mich Gläser immer halb voll und nie halb leer sind – hast du mir mit diesem und mit deinen anderen Beiträgen gezeigt, dass ich noch viel an mir arbeiten und ich noch viel lernen muss – danke dafür und GlG Danielle

    1. Liebe Danielle, ich danke Dir für Deine Antwort. Ich habe mich sehr gefreut und sie ermuntert mich, weiter zu machen. Es fällt mir noch sehr schwer, da ich eine totale Anfängerin in der IT Welt bin und meine 87-jährigen grauen Zellen nicht mehr so schnell begreifen, wie es geht. Viele liebe Grüsse Verena.

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