Ich habe euch bereits berichtet, wie schwierig das Verhältnis zu meiner Mutter war, und es hat lange gedauert, bis ich verstand, warum sie so war, wie sie war. Obwohl sie in vielem ihrer Zeit voraus war, wurde sie doch durch sie geprägt; deshalb will ich heute berichten, in welcher „Welt“ sie aufgewachsen ist.
Adlige und Industrielle
Mein Grossvater war Besitzer einer Spiegelfabrik mit 600 Arbeitern, zu seiner Zeit ein Grossindustrieller. Die Familie zählte zu den sogenannten besseren Leuten und den Umgang suchte man nur mit seinesgleichen. Als ich einmal glücklich von der Schule nach Hause kam mit der Botschaft ich hätte jetzt eine Freundin, kam sofort die Frage: „Was ist der Vater von Beruf?“ oder „Was für eine Geborene ist die Mutter?“. Der Vater meiner Freundin war Volksschullehrer – und somit für meine Mutter nicht gut genug, um mit mir Umgang zu pflegen.
Wie ein „O-Bein-Roman“ von Courths-Mahler
Ich brauchte Jahre, bis ich meine Mutter verstand. Als ich in einem kleinen Landgasthof übernachtete, fand ich einen Roman von Hedwig Courths-Mahler und las ihn zum Zeitvertreib. Ihre Bücher, der Inbegriff der Schnulzen, die die heile Welt erzählte, nannte man auch „O-Bein Bücher“ weil die Liebenden zuerst zusammen waren, dann getrennt wurden und zuletzt doch glücklich vereint wurden. Dennoch, ich verschlang das Buch; es erinnerte mich an meine Verhältnisse, auf einmal wusste ich: Courths-Mahler erfand diese Situationen nicht; es gab sie. Meine Mutter war genau in so einem „Wir-sind-die-besseren-Leute“-Denken erzogen worden. Auf einmal verstand ich das Verhalten meiner Mutter, sie war das Opfer ihrer Zeit und ihrer Erziehung.
Entschuldigt die eigene Erziehung oder das Milieu, aus dem man stammt, die Fehler, die man selbst in der Erziehung macht? Könnt ihr besser verzeihen – oder verstehen – wenn ihr die Hintergründe eines Verhaltens kennt?
Hallo „Verena“ 😉 ,
jaja, dazu fällt auch mir sehr viel ein. Und dazu gibt es auch ne Menge Wissenschaftliches. Google mal zu „Epigenetik“ – bei Hund, aber auch bei Mensch.
Liebe Grüße aus alten Zeiten
Sepp
Lieber Sepp.danke für Deinen Hinweis,den ich leider erst heute beantworten kann.Ich habe mich im Internet schlau gemacht,soweit es mir möglich war,es ist aber etwas hoch und wissenschaftlich für mich.Ich bleibe aber dran.Liebe Grüsse Verena.