Vergangene Woche habe ich darüber berichtet, wie der Krieg und damit verbunden die „Abstammung“ unser Schicksal bestimmt hat.
Auch wenn mein Vater als Kind bereits evangelisch getauft worden war, so war er doch jüdischer Abstammung und so standen wir auf der Deportationsliste der ethnischen Säuberung. Und wäre nicht das Ende des Krieges gekommen, hätten die Nazis uns nach Buchenwald, Theresienstadt oder in ein anderes Lager deportiert.
Arisierung – keine Option für mich
Wir hätten das verhindern können, wenn wir gemäß dem Wunsch meines Onkels einer „Arisierung“ zugestimmt hätten. Seine Tochter – meine Kusine – beabsichtigte, einen hohen Parteifunktionärs zu heiraten. Da eine solche Ehe verboten war, sollte die ganze Verwandtschaft einen „Säuberungsprozess“ durchmachen, wie das beschönigend hieß. Das ging über Blutanalysen und zahlreichen Vermessungen der Körperteile, Nase etcetera. Und natürlich kostete es eine Menge Geld. Ich war gerade 15-jährig und durfte mir das alles anhören. Und mein Urteil war: Ich will bleiben, was ich bin. Mein Onkel war darüber so erzürnt, dass er die Wohnung wütend verliess und nichts mehr von sich hören liess.
Ich möchte aber zu all dem Schlimmen, das damals passierte, auch erzählen, dass genau dieser hohe Parteifunktionär, den meine Kusine heiratete, öfter in die Schweiz fuhr und uns mit Nachrichten meines in die Schweiz geflohenen Vaters versorgte und umgekehrt.
Bleiben, was ich bin
Bleiben, was ich bin, mich nicht verbiegen und keine faulen Kompromisse eingehen: Mir war das immer wichtig, auch wenn ich durch diese Haltung manchmal Nachteile hatte. Aber ich kann auch nachvollziehen, dass Menschen anders handeln, sei es aus der Not heraus – es kann lebensgefährlich sein, zu seiner Überzeugung zu stehen. Manchmal beugt man sich auch, weil man sich Vorteile erhofft oder schlicht, weil es einfacher ist, „ja“ zu sagen als ein Nein zu erklären.
Die Debatte um Harvey Weinstein zeigt das deutlich – dazu demnächst mehr.
Wie geht es euch damit: Habt ihr manchmal das Gefühl, gegen eure Überzeugung handeln zu müssen? Gibt es Zwänge, die das rechtfertigen? Oder nehmt ihr für eure Haltung auch unangenehme Konsequenzen in Kauf?
Liebe Verena,
danke für Deinen Blog. Ja, man muss sich selbst treu sein. Das große Problem für viele ist jedoch, daß sie sich selbst nicht kennen und unbewusst nur die lokalen Traditionen und Ideen ihrer Vorfahren weiter leben, mit denen sie sich identifizierten.
Es braucht mehr als nur die biologische Pubertät – für viele braucht es eine geistige Pubertät und das oft sogar in fortgeschrittenen Alter. Die Frage „Wer bin ich?“ stellen und keine Antwort aus dem Verstand zu akzeptieren sondern immer tiefer schauen – das ist ein alter Trick um hinter die Maske der eigenen Persönlichkeit zu sehen. Gerade in letzter Zeit sehe ich bei den LichtWesen-Beratungen, daß es immer dringender wird zu erkennen wofür man steht und was in diesem Leben wirklich wichtig ist. Damit kann man seine Aufmerksam und Kraft richtig lenken. Wirkliche Erfüllung und Zufriedenheit sind die Folge.
Bitte schreibe noch mehr über Dein Leben und Deine Einsichten – es ist wirklich inspirierend!
Gerhard