Französisch lernen mit Hindernissen

waescheklammerWie lebt es sich in einem fremden Land? Eine der Grundbedingungen dafür, dass man sich dort wohl und vielleicht irgendwann auch zu Hause fühlt, ist das Erlernen der Landessprache. Zurzeit erleben das viele Flüchtlinge. Ich erlebte es in Frankreich, wo ich nach meiner Ausbildung zur staatlich geprüften Landwirtin Arbeit suchte.

Als „Bonne“ in Paris

Nachdem ich meine Arbeit als Melkerin in der Normandie wegen einer Fingerverletzung verloren hatte – ich berichtete vergangene Woche davon – kam ich als „Bonne à tout faire“, als Dienstmädchen für alles, zu einer Zahnarztfamilie nach Paris. Dort sprach niemand Deutsch. Ich erlernte die Sprache über die Begriffe und Redewendungen, die mir im Alltag begegneten. So brachte mir Madame beispielsweise gleich zu Beginn das Bügeleisen und den Sack mit der Bügelwäsche: „Repasser“, sagte sie. Das musste wohl „bügeln“ heißen, soviel hatte ich verstanden und machte mich ans Werk.

Ähnlich ist nicht gleich

Jedes Mal, wenn ich mit der mir jeweils übertragenen Aufgabe fertig war, fragte ich meine Madame, was ich nun zu tun hätte. Oft antwortete sie: „Reposer“. Nun, wenn man eine Sprache nicht kennt, tönt alles Ähnliche gleich, sie sagte zwar „reposer“; ich jedoch verstand „repasser“; also holte ich die Bügelwäsche und begann erneut zu bügeln, obwohl sich das Aufheizen des Bügeleisens kaum gelohnt hatte. Von meiner Arbeit bei den Bauern war ich schließlich gewohnt, dass man auch sinnlose Tätigkeiten verrichten musste, nur um ja nicht einen Moment unbeschäftigt zu sein. Als es nach drei Tagen nichts mehr zu bügeln gab und ich nach ihrer erneuten Aufforderung „reposer“ den leeren Wäschesack zeigte, holte Madame das Wörterbuch und zeigte mir, dass sie „reposer“ – ausruhen! – gesagt hatte. Dies war eine Offenbarung für mich, denn ich hatte es noch nie erlebt, dass eine Chefin zu mir sagte, ich solle mich ausruhen.

„Repasser“ oder „reposer“? – Wie sieht eure „Work-Life-Balance“ aus? Seid ihr immerfort am Arbeiten, oder macht ihr auch Pausen? Könnt ihr das Ausruhen zwischendurch genießen oder macht es euch unruhig, weil ihr wisst, wie viel Arbeit euch noch erwartet? Ich wünsche euch heute schon ein entspanntes Wochenende – mit reichlich „repos“ und wenig „repassage“

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